ein wenig leben - hanya yanagihara

der anfang dauert, ein wenig leben braucht zeit und vor allem die hingabe des lesers. zu beginn lese ich das buch morgens in der bahn, in kleinen bruchstücken lerne ich die vier protagonisten des tausendseitigen werkes yanagiharas kennen - und ehrlicherweise schenke ich dem ganzen zunächst zu wenig aufmerksamkeit. ich bin verwirrt und hilflos in den vier unterschiedlichen und doch verbundenen leben gefangen und vertausche zunächst charakteristiken und erklärungen, kann nicht eintauchen. erst als ich dem buch etwas mehr zeit schenke finde ich in die geschichte. beschreibt der klappentext das buch als drama um die freundschaft der vier unterschiedlichen protagonisten, würde ich dem ganzen etwas widersprechen. hanya yanagihara zeichnet in diesem buch hauptsächlich das leben des protagonisten jude st. francis auf, der für mich unmittelbar und unweigerlich den mittelpunkt des werkes darstellt. einen sehr tragischen mittelpunkt, ohne etwas vorwegnehmen zu wollen. bis ich aber in das werk finde, soll es noch dauern. ich erwäge das buch auf eine vierzehntägige reise nach costa rica mitzunehmen, tausend seiten halten mich davon ab und im nachhinein bin ich froh, denn obwohl das buch spaß macht, ist es auch zeitweise belastend und schwer. tausend seiten und einen bedrückenden inhalt zu schwer für eine reise, die mir meine leichtigkeit zurückgeben soll. ich gebe dem buch nach einigen wochen wieder eine chance und nehme es auf eine andere, eine entspanntere reise an die küste des baskenlandes mit. bei regen und am hafen verliere ich mich in den umschreibungen und kann die detaillierten beschreibungen von yanagihara genießen. die seiten fliegen, die sprünge zwischen den zeiten ebenso. erst langsam decken sich vergangenheiten auf, und nach einer weile habe ich das verlangen das buch nochmals zu beginnen, mit dem wissen, das ich nun endlich erlangt habe, das die autorin nun endlich freigegeben hat. der protagonist hält vieles aus seiner vergangenheit vor seinen freunden geheim, der leser erfährt dies auch erst peu-aux-peu. zugegebenermaßen hat dies auch einen grund, denn es braucht zeit gewisse textpassagen und bruchstücke der vergangenheit von jude zu verarbeiten. es ist mir selten passiert, dass ich ein buch zur seite legen und luft holen muss, eine pause von einer geschichte brauche, weil mir die worte fehlen, die augen brennen und der hals drückt. das leben, das die autorin aufzeichnet, ist erdrückend. es tut weh die zeilen zu lesen, es tut weh sich diese fiktiven erlebnisse und darauf beruhenden schmerzen vor augen zu halten und man fragt sich wieviel ein mensch ertragen kann. die geschichte zieht sich, aber auch das passt zu dem leben des protagonisten und fällt mir nicht negativ auf. so sehr die handlung aber auch bedrückt, es gibt auch kleine lichtblicke, kleine fetzen blauen himmels, die durch die wolken blitzen. das buch ist nicht nur die tragische geschichte eines menschen, der es nicht leicht hatte, sondern auch eine ode an die freundschaft und eine wertschätzung all der menschen, die nicht aufgeben, die so konstant und eindringlich freunde sind, die alles und mehr geben. 

keine leichte kost, ein buch für lange regentage und - soviel vorab - kein buch für leute, die ein happy end dringend nötig haben. diese geschichte bleibt im kopf.


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